Project Description

Pergamentdokumente als wertvolle Zeugen der Vergangenheit

2021 hat der lokale Archivdienst (SAL) des Tessiner Staatsarchivs die Neuordnung des Pfarrarchivs von Brontallo abgeschlossen. Diese Massnahme hat sich über mehrere Jahre hingezogen und ging Hand in Hand mit der Überarbeitung des Pfarrarchivs von Menzonio, die ebenfalls abgeschlossen ist. Das Pfarrarchiv von Brontallo umfasst eine beträchtliche Anzahl von Dokumenten: 31 Pergamentrollen (aus den Jahren 1492 bis 1865), rund 400 Schriftstücke aus den Jahren vor dem 19. Jahrhundert und 44 Protokollbücher und Register mit amtlichen Eintragungen, die bis 1620 zurückgehen. Diese im Pfarrarchiv aufbewahrten Dokumente sind ein wichtiges Hilfsmittel bei der Erforschung und Auswertung der Gemeindedaten von Brontallo. Denn sie betreffen nicht nur kirchliche Angelegenheiten, sondern lassen sich neben der Pfarrgemeinde Brontallo und den ihr angegliederten Einrichtungen auch auf zwei regionale politische Institutionen zurückverfolgen, die es heute nicht mehr gibt: die sogenannte «Terra di Brontallo» sowie den ehemaligen Gemeindezusammenschluss von Brontallo und Menzonio. Diese Dokumente enthalten also Hinweise, die weit über die Geschichte der Pfarrgemeinde hinausgehen. Vor der Neuordnung der Dokumente durch den SAL befanden sie sich in den Räumlichkeiten der Pfarrei, wo sie auch wieder abgelegt wurden. Die neueren Unterlagen und Register waren in zwei Metallschränken untergebracht, während sich die antiken Schriftstücke in zwei Holzkisten befanden (eine davon mit der Jahresangabe 1690). Es gab kein Verzeichnis der Dokumente und auch beim Sortieren wurde nichts dergleichen gefunden. Sie befinden sich in einem relativ guten Gesamtzustand. Nur vereinzelte Schriftstücke weisen Feuchtigkeitsschäden auf. Insgesamt ist die Dokumentation vollständig. Nur für das 19. Jahrhundert und den Zeitraum bis zum Ende der 1960er Jahre bestehen einige Lücken.

Die Neuordnung des Pfarrarchivs von Brontallo erfolgte nach derselben Methode, die der SAL seit über 30 Jahren zur Aufbereitung der Dokumente aller Pfarreien anwendet. Analog zur gewohnten Vorgehensweise wurden die Akten aus Brontallo zunächst nach deren Art unterschieden: Da gab es zum einen Dokumente neueren Datums, die bereits geordnet aufbewahrt wurden (in Aktenordnern, die den Zeitraum von 1960 bis 2010 umfassen). Zum anderen die älteren Dokumente, die zum Zeitpunkt der Sortierung nicht weiter geordnet waren (die sogenannten «losen Akten »). Auch die Protokollbücher und Pergamentrollen wurden nach Format unterteilt. Nach der Unterteilung in diverse Sparten wurden die Dokumente in 14 Hauptkategorien eingeteilt, die alle Aspekte des Pfarrgemeindelebens abdecken – darunter Güterverwaltung, Finanzen, Einrichtungsverwaltung, Kulturangelegenheiten, Pfarrer, Bruderschaften, Legate und Pfründe, Sakramente (um nur die wichtigsten zu nennen). Diese Kategorien spiegeln die normalen Aufgabenbereiche einer Pfarrei wider und dienen dazu, das Archiv so zu strukturieren, dass sowohl die Archivleiter als auch Historiker und Forschende die gesuchten Dokumente schnell finden. Die auf Pergament verfassten Urkunden wurden – soweit wir wissen – als einziger Archivbereich in jüngster Vergangenheit bereits ausführlich erforscht. Für jedes einzelne Schriftstück wurde eine kurze inhaltliche Zusammenfassung erstellt, die in die Datenbank der Tessiner Pergamente hochgeladen wurde und auf der Webseite des Staatsarchivs einzusehen ist (www.ti.ch/archivio).

Zur besseren Konservierung wurden die älteren Dokumente am Ende in Sammelmappen abgelegt und in säurefreie Kartons verpackt. Das Auffinden der Akten erfolgt durch die Konsultation eines Bestandsverzeichnisses, das den Verwaltern sowohl in Papierform als auch digital zur Verfügung gestellt wurde.

Unter den zahlreichen Dokumenten der Pfarrei Brontallo befinden sich einige durchaus bemerkenswerte Unterlagen. Für die Geschichte der Kirche sind zwei Pergamente aus dem 16. Jahrhundert bezüglich der beiden Kirchweihen von besonderer Bedeutung: 1516 wurde die Kirche zum ersten Mal der Heiligen Jungfrau Maria und dem Heiligen Georg geweiht. Bei der zweiten Weihe (infolge von Umbauarbeiten) im Jahr 1526 wurde die Kirche der Heiligen Jungfrau Maria, dem Heiligen Georg und den Aposteln Jakob und Philipp geweiht. Weitere wichtige Dokumente betreffen die Trennung der beiden Gemeinden Brontallo und Menzonio, die in den 1570er Jahren in die Wege geleitet und schliesslich 1655 vollzogen wurde, als Brontallo eine Vizegemeinde von Menzonio wurde. Die Nachwirkungen dieses bürokratischen Prozesses waren bis ins 18. Jahrhundert zu spüren und sind durch Dokumente im Pfarrarchiv von Menzonio belegt. 

Ab dem 17. Jahrhundert finden sich zudem Nachweise über die an der Pfarrkirche durchgeführten Arbeiten – darunter eine von Antonio Buzzi ausgestellte Quittung mit Datum vom 24. Oktober 1782 über die Errichtung des Marmoraltars. Sehr gut erhalten sind auch die Unterlagen über die Renovierung des Oratoriums von Margoneggia Ende des 19. Jahrhunderts. Ab den 1970er Jahren sind die für Renovierungs-und Instandhaltungsarbeiten verwendeten Materialien bestens dokumentiert.
Ebenfalls interessant sind die Register bezüglich der vier Bruderschaften, die in der Vergangenheit in Brontallo aktiv waren – Santissimo Sacramento, Rosario, Santa Croce und Dottrina Cristiana. Deren Existenz ist seit dem 17. bzw. seit Anfang des 18. Jahrhunderts schriftlich belegt und spielte eine durchaus wichtige Rolle im Gemeindeleben. Die Verwaltung der Sakramente ist seit zirka 1680 durch die Tauf-, Firm-, Sterbe- und Heiratsregister dokumentiert. Beinahe vollständig registriert ist eine Reihe von Dispensierungen aufgrund von Trauungen zwischen Blutsverwandten und Verwandten im 18. und 19. Jahrhundert. Das sind nur einige Einblicke in das umfassende historische Vermächtnis der Pfarrgemeinde Brontallo, dass dank der weitsichtigen Pfarreiverwalter und dank des Vereins Pro Brontallo jetzt auch Historikern zugänglich ist und an die künftigen Generationen weitergegeben werden kann.

(Francesca Luisoni, Verantwortliche für die Neuordnung des Archivs beim Servizio

Archivi Locali)